Die Weimarer Republik gilt als Zwischenkriegszeit, als kurze Verschnaufpause zwischen dem Ersten und Zweiten Weltkrieg. In diesem Zusammenhang spielt der Versailler Vertrag eine wichtige Rolle. Wie die erste deutsche Republik auf Basis der Weimarer Verfassung entstand und was zu ihrem Untergang beitrug, erfährst du in diesem Beitrag.
Wie entstand die Weimarer Republik?
Die Weimarer Republik entstand nach dem Ersten Weltkrieg. Der Kaiser hatte seine Macht verloren und viele Deutsche lehnten die Monarchie ab. Daher versuchte man, die konstitutionelle Monarchie in eine parlamentarische Monarchie umzuwandeln. Das Parlament sollte mehr Rechte erhalten. Kaiser Wilhelm II. ernannte Prinz Max von Baden zum Reichskanzler.
Dem deutschen Volk war das nicht genug. Die Bürger*innen waren kriegsmüde und forderten den Waffenstillstand. Dieser wurde am 11. November 1918 unterschrieben. Zwei Tage zuvor war die Republik ausgerufen worden. Das deutsche Kaiserreich war Geschichte.
Es bildete sich ein „Rat der Volksbeauftragten” unter dem Vorsitz des Sozialdemokraten Friedrich Ebert (SPD). Die Mitglieder des Rates trafen die Vorbereitung der Wahlen zur Verfassungsgebenden Nationalversammlung. Bei diesen Wahlen sollte das deutsche Volk über die Staatsform entscheiden.
Warum Weimar?
Am 19. Januar 1919 fanden die Wahlen zur Verfassungsgebenden Deutschen Nationalversammlung statt. Die Ergebnisse der Wahl verdeutlichten: Die Mehrheit der Deutschen stimmte für eine parlamentarische Demokratie. Die Mehrheitssozialdemokraten, die Deutsche Demokratische Partei und die Partei Zentrum schlossen sich zur Weimarer Koalition zusammen. Und das Deutsche Reich wurde zur Republik.
Die neue Regierung hatte die Aufgabe, eine Verfassung auszuarbeiten. Und diese Aufgabe war herausfordernd. In Deutschland herrschten bürgerkriegsähnliche Auseinandersetzungen. Die Bevölkerung war tief verunsichert, vielerorts wurde gestreikt. Die Friedensverhandlungen mit den Siegermächten überschatteten derweil die Arbeit an der Verfassung.
Wegen großer Unruhen in Berlin wurde die Nationalversammlung nach Weimar verlegt. Die Stadt wurde weiträumig durch das Militär gesperrt, um Demonstrationen und Aufstände zu verhindern.
Die erste Sitzung der Nationalversammlung fand am 6. Februar 1919 statt und war ein großes Medienereignis. Doch die darauffolgenden Verhandlungen und Diskussionen fanden ohne die Öffentlichkeit statt. Das Ergebnis der Nationalversammlung war die Weimarer Verfassung, die am 14. August 1919 in Kraft trat.
Wie sah die Weimarer Verfassung 1919 aus?
Eine demokratische Republik mit einem parlamentarischen Regierungssystem war die neue, vom Volk gewählte Staatsform. Jede Form der Herrschaft sollte das Volk legitimieren. Für diesen Zweck gab es den Reichstag, den das Volk wählte. Der Reichstag kümmerte sich um die Gesetze und kontrollierte die Regierung.
Die Regierung bestand aus Reichskanzler und Reichsministern. Für ihr Amt war das Vertrauen des Reichstags nötig. Dieses äußerte sich durch die Mehrheit der Abgeordneten. Die Verfassung sah einen weiteren Posten vor, angelehnt an das starke Oberhaupt einer Monarchie. Der Reichspräsident fungierte als eine Art „Ersatzkaiser”. Er hatte den Oberbefehl über die Reichswehr und konnte darüber hinaus das Parlament auflösen.
Ausschlaggebend für die Macht des Reichspräsidenten war Artikel 48 der Verfassung. Er gab dem Reichspräsidenten die Möglichkeit unter bestimmten Bedingungen allein zu regieren. Mit sogenannten Notverordnungen konnte der Reichspräsident unter Berufung auf Artikel 48 eigenständig Gesetze beschließen.
Warum scheiterte die Weimarer Republik?
Innenpolitische Gründe: Das Scheitern der Demokratie
Die politische Lage in der Republik war nach dem Ersten Weltkrieg kompliziert. Im Land herrschten Unruhen und große Unsicherheit. Die deutsche Bevölkerung litt unter den Kriegsfolgen und der Weltwirtschaftskrise.
Dazu kam das neue politische System, das viele ablehnten. Linke Gruppen forderten ein sozialistisches
Rätesystem. Andere wünschten sich die Monarchie zurück.
Das Volk bekam durch die neue Verfassung Macht, aber wusste es auch damit umzugehen? Viele Menschen hatten (noch) keine politische Überzeugung und waren durch Propaganda leicht zu beeindrucken.
Die Parteien erschwerten sich die Arbeit gegenseitig. Oft hatten sie gegensätzliche Vorstellungen über die Wirtschafts- und Sozialpolitik. Man fand keinen gemeinsamen Nenner und blockierte sich bei Entscheidungen. Bereits am 27. März 1930 trat die letzte Regierung zurück, die demokratisch gewählt war und das Vertrauen des Reichstags hatte.
Die Politik konnte die Not der Menschen nicht lindern. Nur wenige Jahre nach Beginn der Weimarer Republik verlor die Bevölkerung das Vertrauen in die Regierung und die neue Staatsform.
Versailler Vertrag: Ablehnung in der Republik
Nicht nur die innenpolitische Lage machte es der Weimarer Republik schwer. Als wichtigen Grund für ihr Scheitern betrachten viele Historiker*innen den Versailler Vertrag. Das historische Dokument war das Ergebnis der Pariser Friedenskonferenz.
Die deutschen Delegierten mussten den Versailler Vertrag im Juni 1919 unterschreiben („Diktatfrieden”). Gebietsverluste, militärische Einschränkungen und hohe Reparationszahlungen waren die Folge. Der Vertrag schwächte die frisch gebackene Republik Deutschland und deren Wirtschaft massiv.
Die deutsche Bevölkerung war empört über den Versailler Vertrag. Was die Menschen besonders traf, war der Kriegsschuldartikel. Dieser Artikel gab den Deutschen die alleinige Schuld am Ersten Weltkrieg. Und das empfanden viele als ungerecht.
Man verstand den Versailler Vertrag als Angriff auf die nationale Ehre. Diese Empörung war es, die rechte Gruppen nutzten. Sie instrumentalisierten den Versailler Vertrag für rechte Hetze und schürten die Unzufriedenheit in der Bevölkerung.
Schwächen der Weimarer Verfassung
Historiker*innen sind sich einig, dass der Grundstock der Weimarer Republik, ihre Verfassung, gravierende Schwachstellen hatte. Denn der Reichspräsident hatte zu viel Macht. Er berief und entließ die Regierung samt Kanzler und Ministern. Funktionierte das Parlament nicht wie er sich das vorstellte, konnte er sich auf Artikel 48 berufen und das Parlament auflösen.
Artikel 48 der Weimarer Verfassung sicherte ihm die Alleinregierung in Krisenzeiten. Also in Zeiten, in denen die öffentliche Sicherheit und Ordnung gefährdet seien. Eine Definition darüber, was eine Krisenzeit auszeichnet, gab es jedoch nicht.
Durch diese ungenaue Formulierung konnte sich der Reichspräsident den Artikel 48 zunutze machen, wie es ihm passte. Die Notverordnungen sicherten ihm die Möglichkeit zu, Gesetze ohne Zustimmung des Reichstags zu beschließen.
In den letzten Jahren der Weimarer Republik wurde ihr dieser Artikel zum Verhängnis. Ab 1930 wurde mit Hilfe von Notverordnungen und ohne Parlamentsmehrheit regiert. Gab es Widerspruch gegen Notverordnungen, löste Reichspräsident Hindenburg den Reichstag auf.
Ob man das Ende der Demokratie mit Hitlers Ernennung zum Reichskanzler gleichsetzt, kommt darauf an, wie man dieses Datum bewertet. Fest steht aber: Nachdem Hindenburg Hitler am 30. Januar 1933 zum Reichskanzler ernannte, änderte sich alles. Hitler hebelte nach und nach alle demokratischen Elemente aus, bis er am Ende die alleinige Macht hatte.
Lernvideo: Das Scheitern der Weimarer Republik
Zusammenfassung: Das Scheitern der Weimarer Republik
Innenpolitische Gründe
- Unsicherheit der Bevölkerung gegenüber dem neuen politischen System
- Leiden der Bevölkerung unter den Kriegsfolgen und der Weltwirtschaftskrise
- Fehlendes politisches Bewusstsein der Menschen
- Konflikte der Parteien aufgrund gegensätzlicher Vorstellungen
Ablehnung des Versailler Vertrags
- „Diktatfrieden” der Gewinnermächte: Deutschland musste den Versailler Vertrag unterschreiben, an dessen Aushandlung es nicht beteiligt war
- Kriegsschuldartikel: Deutschland trägt die alleinige Schuld am 1. Weltkrieg; Unzufriedenheit der Bevölkerung, Angriff auf die „nationale Ehre”
- Extreme Auswirkungen des Versailler Vertrags auf die deutsche Wirtschaft (Reparaturzahlungen), die Bevölkerung (Gebietsverluste) und das Militär (militärische Einschränkungen)
Schwachstellen der Weimarer Verfassung
- Zu viel Macht beim Reichspräsidenten: Berufung der Regierung samt Kanzler und Minister
- Artikel 48: Auflösung des Parlaments und Alleinregierung des Reichspräsidenten in Krisenzeiten
- Notverordnungen: Gesetze können ohne Zustimmung des Reichstags erlassen werden; Regieren ohne Parlamentsmehrheit möglich
- Aushebelung der demokratischen Elemente ist möglich